Von Leila Abdul-Rauf
Wer hat den Fretless-E-Bass erfunden? Großstadtlegenden schreiben dem Jazz-Bass-Meister Jaco Pastorius die Erfindung zu, aber ob diese Aussagen nun wahr oder falsch sind: Fakt ist, dass er den Fretless-Bass bekannt gemacht hat, noch bevor er allgemein verbreitet oder sogar im Handel erhältlich war. Jaco entfernte die Bundstäbchen an seinem Fender-Jazz-Bass von 1962, füllte die Schlitze aus und trug auf das Griffbrett Schichten von Meeres-Epoxid auf – die Art von zähem Lack, den man am Rumpf eines Bootes findet. Diese harte Oberfläche auf seinem „Bass of Doom“ – wie er ihn liebevoll nannte – stattete sein Instrument mit der nötigen Glätte aus, durch die er seinen melodischen „singenden“ Markensound entwickelte.
Jaco war ein Mann, der vor seinen Auftritten nicht nur seine Finger in Hähnchenfett tauchte – weil er der Meinung war, dass dies seinem Spiel einen besonders sanften Touch verleihen würde –, er katapultierte den Jazz-Bass auch in völlig neue Höhen. Bis 1970 war der Bass hauptsächlich ein Hintergrundinstrument. Die meisten Jazz-Bassisten spielten einen akustischen Kontrabass, während Jaco mit einer elektrischen Bassgitarre auftrat, und noch dazu mit einer bundlosen. Er spielte seinen Bass schnell und laut als Leadinstrument, während er sang und Saltos schlug. Dabei trat er häufig barfuß und ohne Oberteil auf.
Niemand weiß, in welchem Jahr er die Bundstäbchen von seinem Bass entfernte, aber sein Debüt machte Jaco 1976 mit der Jazz-Supergroup Weather Report und ihrem Album Black Market. Auf ihrem nächsten Album Heavy Weather – das auch den Hit „Birdland“ beinhaltete, der für einen Grammy nominiert war – etablierte sich Jaco bereits als ihr alleiniger Bassist. Er verwendete häufig künstliche Flageoletttöne. Diese Technik umfasst das leichte Berühren einer Saite mit der Greifhand (ohne Druck auszuüben). Danach wird mit einem anderen Finger die Note gespielt, wodurch die Note gleichzeitig angeschlagen und angehalten wird. Der entstehende Sound ist komplex und ähnelt einem Glockenschlag. Hör dir ein hervorragendes Beispiel für diese Technik in dem Intro aus „Birdland“ ab 0:19 Min. an – obwohl du das Instrument vielleicht nicht direkt als Bass identifizieren würdest. Pastorius spielt die Phrase hoch am Hals, wodurch das Instrument mehr nach Leadgitarre als nach Bass klingt.
„Birdland“ von Weather Report
Jaco war virtuos und hatte keine Angst, Neues auszuprobieren. Er übernahm sowohl afro-kubanische Rhythmen als auch R&B- und Funk-Einflüsse in sein Repertoire. Er arbeitete mit einer Vielzahl unterschiedlichster Musiker zusammen – von Jazz-Größen wie Pat Metheny, Herbie Hancock und Wayne Shorter über Mainstream-Künstler wie Joni Mitchell und Ian Hunter bis zu der klassischen Rock-Band Mott the Hoople. Sogar der Bassist von Metallica, Robert Trujillo, nannte Jaco als einen seiner Bass-Helden.
Jaco Pastorius hat unsere Welt viel zu früh verlassen. Er verstarb bereits mit 35 Jahren an den Folgen einer Kneipenschlägerei. Man kann sich nur vorstellen, welche klangvollen Tiefen er noch erkundet hätte.
AUTHOR BIO: *Leila Abdul-Rauf ist eine Multiinstrumentalistin und Komponistin aus Oakland, Kalifornien. Leila ist Gitarristin und Sängerin für die Metal-Bands Vastum und Hammers of Misfortune sowie die „Ethereal Post-Punk“-Band Terebellum. Sie komponiert und produziert zudem Hintergrundmusik unter ihrem eigenen Namen zusammen mit dem Electronic-Trio Ionophore und dem Synth-Folk-Duo Fyrhtu. Leila war international auf Touren unterwegs und ist in ihrer Freizeit Gitarren- und Gesangslehrerin. *
„Jaco Pastorius with bass 1980“ von Chris Hakkens ist lizenziert unter CC-BY-2.0.
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