Cousinen der Gitarre -- Teil 1: Laute & Vihuela

Die Gitarre hat eine reichhaltige und tiefschichtige weltweite Geschichte und man muss nicht lange suchen, um Instrumente zu finden, die Gemeinsamkeiten mit anderen Instrumenten aufweisen. Wirft man einen Blick auf die historischen Befunde, kommt man leicht zu dem Schluss, dass all diese Instrumente sich von einem zum anderen entwickelt haben. Doch die Evolution der Saiteninstrumente steckt voller Irrtümer und Sackgassen. Ein Instrument hat sich zwar nicht direkt aus einem anderen entwickelt, doch ein Verständnis davon, wie sie miteinander verwandt sind -- ein Feld namens Organologie -- hilft dabei, ihre Ähnlichkeiten und Unterschiede herauszustellen. Das kann auch zeigen, wie sich deine Fähigkeiten auf der Gitarre auf andere Zupfinstrumente übertragen lassen.

Entgegen der weitreichenden Annahme ist die sechssaitige Laute keine frühe Stufe der Gitarre -- sie war eher eine Zeitgenossin.

Die Laute

Instrumente mit einer Laute-ähnlichen Form gibt es schon seit Jahrtausenden. Man findet Lautenspieler in dekorativer Architektur an den Seiten von Kathedralen, in Bilderhandschriften und sogar noch früher auf mesopotamischen Tafeln. Aber die Laute, die noch heute gespielt wird, hat sich zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert etabliert. Viele Menschen glauben, dass die Laute eine frühe Version der Gitarre ist, aber in Wahrheit hat sie sich gleichzeitig mit der Gitarre aus der Ud der islamischen Welt entwickelt. Ab dem Ende des 16. Jahrhunderts wird der Vergleich zwischen Laute und moderner Gitarre jedoch sinnvoll: Das Instrument hatte sechs Saiten erhalten (häufig auch sieben oder acht) und wurde ähnlich wie die moderne Gitarre gestimmt.

Willst du es ausprobieren? Stimme die dritte Saite deiner Gitarre einen Halbton tiefer auf F# und klemme einen Kapo auf den dritten Bund, sodass die offenen Saiten zu G-C-F-A-D-G werden. Mit etwas Lektüre darüber, wie man Renaissance-Tabulatur liest, was sehr ähnlich funktioniert wie die moderne Tabulatur, kannst du jetzt loslegen.

In der Renaissance gehörte es zum Musikunterricht, Notenbücher von Hand zu schreiben. Manchmal schrieb der Lehrer die Stücke auf, aber meistens mussten die Schüler sie selbst abschreiben.

*Die Vihuela de Mano besitzt häufig zehn oder zwölf Saiten, aber sie ist trotzdem gestimmt wie eine Laute. *

Die Vihuela

Auf den ersten Blick scheint die Vihuela das gleiche Instrument zu sein wie die Laute, und in vieler Hinsicht ist sie das auch. Zur Zeit ihrer größten Beliebtheit hatte sie ebenfalls sechs Saiten, wurde ähnlich gestimmt und es gab einige Überschneidungen zwischen der Musik, die für beide Instrumente geschrieben wurde. Im Hinblick auf die Form ist die Vihuela allerdings der Gitarre ähnlicher. Obwohl die Vihuela letztendlich eine Laute mit flacher Rückseite ist, gehört sie zur Familie der Viola da Gamba. Ihr vollständiger Name ist Vihuela de Mano oder „Vihuela der Hand". Was die Vihuela von anderen Violas unterschied, war, dass die Darmsaiten mit den Fingern gezupft wurden anstatt mit einem Bogen (viele frühe Violen besaßen auch Bünde). Der größte Unterschied zwischen der Laute und der Vihuela liegt in der Regionalität. Vihuelas waren eher auf der iberischen Halbinsel beliebt, während sich die Laute im restlichen Europa durchsetzte. Die gleiche Musik, die vielleicht in Frankreich auf der Laute beliebt war, hätte nach Spanien importiert werden können, wo sie, zusätzlich zu den lokalen Musikstilen der Renaissance, auf der Vihuela gespielt worden wäre.

Fantasien, wie diese von Luis de Milan, wurden so geschrieben, dass sie improvisiert klangen. Horche darauf, wie die Musik von einer Idee zur nächsten wandert.

Nächstes Mal sehen wir uns zwei weitere Instrumente an, die der Gitarre ähneln und geholfen haben, den Weg für moderne sechssaitige Instrumente zu ebnen.

Margaret Jones ist Multiinstrumentalistin, Songwriterin und Musiklehrerin aus Oakland, Kalifornien. Sie spielt Gitarre in mehreren Bands in ihrer Heimat, unter anderem in ihrem eigenen Songwriter-Projekt M Jones and the Melee. Sie hat an der UC Berkeley in Musikgeschichte promoviert und am San Francisco Conservatory of Music unterrichtet.

„Gibson Les Paul Guitars at Guitar Shop" von Pierre Prégardienist lizenziert unterCC0 1.0.

„Lute" des Metropolitan Museum of Art ist lizenziert unter CCO 1.0.*

„Vihuela da Mano" von JoseBlasBG* ist lizenziert unterCC BY 3.0.

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