15 December 2020

LA VOITURE NOIRE - VON DER LEGENDE ZUM VIDEOSPIEL-MODELL

Tempojunkie,

Im Grunde genommen geht es bei Videospielen darum, die Passionen der Entwicklerteams in aufregende Geschichten für die Spieler zu verwandeln. Umso mehr freuen wir uns darüber, dass Vehicle Artist Christophe de Lentaigne de Logiviere heute eine dieser Geschichten ans Licht bringt. Es geht vor allem um seine Begeisterung für den legendären Bugatti Type 57 SC Atlantic, der, wie wir zu unserer großen Freude ankündigen können, ab dem 16. Dezember im Spiel verfügbar sein wird. Leg los, Christophe!

TC2 Christophe Photo

Hi, ich heiße Christophe de Lentaigne de Logiviere und bin Vehicle Artist bei Ivory Tower. Ich freue mich sehr, heute über den Bugatti Type 57 SC Atlantic reden zu dürfen, insbesondere über Fahrgestellnummer 57453, besser bekannt unter dem geheimnisvollen Namen „La Voiture Noire”.

Ich möchte weniger auf die Geschichte von Bugatti vor dem Krieg eingehen, sondern mich mehr auf die Entwicklung der Fertigung konzentrieren, die in „La Voiture Noire” gipfelte und legendenumwoben ist.

Jean Bugatti, Sohn von Ettore, dem Gründer von Automobiles E. Bugatti hat den Bugatti Type 57 erstmals im Oktober 1933 auf dem Pariser Autosalon präsentiert. Seine Herstellung war letztlich der Katalysator für eine ganze Reihe von in Handarbeit gefertigter Karosserien.

Mit seinem Reihenachtzylindermotor mit obenliegenden Nockenwellen schaffte der Type 57 zwischen 140 und 200 Pferdestärken. Höhere Leistung erzielte die SC-Version, die es bis auf eine Höchstgeschwindigkeit von 210 km/h brachte. Auch wenn das nach heutigen Maßstäben wenig erscheint, war dies in einer Zeit, als die Fortbewegung auf dem Rücken von Pferden noch weit verbreitet war, eine technische Pionierleistung. Zusammen mit dem Alfa Romeo 8C 2900 sind diese Fahrzeuge die Vorfahren des modernen Supercars.

1935 wurde der Bugatti Aérolithe vorgestellt, ein einzelner Prototyp, aus dem dann 1936 der Protagonist unserer Geschichte, der Bugatti Type 57 SC Atlantic hervorging.

TC2 ATLANTIC RENDER

Der Atlantic ist nach Jean Mermoz benannt, dem ersten Flieger, der den Südatlantik überquert hat, einem engen Freund von Jean Bugatti. Er hat ein einzigartiges exotisches Aussehen, vor allem dank seiner von der Karosserie abgesetzten Räder, der eleganten langen Motorhaube und der genieteten Rückennaht.

Insgesamt wurden nur vier Exemplare des Atlantic hergestellt, jedes davon mit eigenen Besonderheiten. Drei davon waren zum Verkauf gedacht. Der vierte wurde für Jean Bugatti selbst gebaut. Es handelt sich um Fahrgestellnummer 57453, besser bekannt unter dem Spitznamen „La Voiture Noire” („Das schwarze Auto“, aufgrund seiner Farbe). Dieses Auto ist nicht nur hinsichtlich seines Besitzers besonders, es ist auch der einzige Atlantic, der nach 1938 spurlos verschwunden ist. Einer Legende zufolge wurde er beim Ausbruch des 2. Weltkrieges an einem sicheren Ort versteckt. Ob das nun stimmt oder nicht, jedenfalls ist er bis heute nicht wiedergefunden worden.

Sollte dieses Auto irgendwann wieder auftauchen, wäre es zweifelsohne das wertvollste Auto der Welt, falls es überhaupt möglich ist, den tatsächlichen Wert eines solchen Meisterwerks zu bestimmen.

Meine Begeisterung für den Bugatti Type 57 SC Atlantic ist darauf zurückzuführen, dass es das allererste Auto ist, das ich in 3D modelliert habe, nämlich Fahrgestellnummer 57591 (den „Pope-Atlantic”, eines der drei Modelle, die an Kunden verkauft wurden und der sich heute im Besitz von Ralph Lauren befindet). Das war im Jahr 2009. Als Videospiele-Fan habe ich das Auto sogar in einem Open-World-Spiel „gemodded“. Damit wollte ich mir den sehnlichen Wunsch erfüllen, zu erleben, wie es ist, meine 3D-Modelle selbst zu fahren. Als detailverliebter Perfektionist habe ich viel zu der Geschichte und dem Design des Atlantic recherchiert.

Als sich dann die Gelegenheit ergab, eines dieser mythischen Automobile für The Crew 2 nachzubilden, habe ich folglich schnell die Verantwortung für seine Integration im Spiel für mich beansprucht. Ich brannte darauf, mein Fachwissen über altehrwürdige Oldtimer einzusetzen, so wie ich es beim 1967er VW Käfer bereits hatte tun können.

TC2 BEETLE RENDER

Es genügte jedoch nicht, einfach die Prinzipien des 3D Modelling zu beherrschen und eine einfache Kopie des Autos herzustellen. Entscheidender ist das Wissen, wie Teile für alte Autos hergestellt und zusammengesetzt wurden. Deshalb hab ich mir eigenes Fachwissen auf diesem Gebiet angeeignet, und zwar durch zahlreiche Restaurierungsprojekte von Oldtimern, wozu die komplette Zerlegung samt Wiederaufbau, die Sanierung von Teilen (abschleifen, verchromen, polieren ...) und Karosserie oder die Lackierung gehörten, um nur einige Aufgaben zu nennen. Das führte zu einem besseren Verständnis und der Kontextualisierung der uns zur Verfügung stehenden Grundmaterialien, wodurch wir die beabsichtigte Funktionsweise der von uns modellierten Teile sowie der verwendeten Materialien und ihrer Verarbeitung nun visualisieren können. Kurz gesagt, es hilft uns, ihre tatsächliche Bestimmung und Funktion zu verstehen. Schließlich erlaubt es uns ebenfalls, potenzielle Lücken in der Referenzdokumentation auf fundierte Weise zu schließen, falls dies nötig werden sollte.

Bevor wir fortfahren, ist es wichtig, festzuhalten, dass die Fahrgestelle aller vier Bugatti Type 57 SC Atlantic auf ihre Weise einzigartig sind. Beispielsweise besitzt Fahrgestellnummer 57591 Atlantic, die ich 2009 modelliert habe, einzigartige vordere Kotflügel, freiliegende Hinterräder und sechs, statt fünf Auspuffrohre, und das sind nur einige der augenfälligsten Unterschiede. Fahrgestellnummer 57374 hat ein um 12 mm erhöhtes Dach. Die Karosserie von Fahrgestellnummer 57473 unterscheidet sich sehr von ihren drei Geschwistern und damit ist die Liste noch nicht zu Ende. Das sind vier sehr verschiedene Varianten des Atlantic, voller Individualität, die mit unserer heutigen Fließbandproduktion nur sehr entfernt zu tun haben und deshalb ein eingehendes Studium und eine tiefgreifende Untersuchung verdienen.

Vor diesem Hintergrund sollte es nicht überraschen, dass Authentizität im Mittelpunkt meiner 3D-Nachbildung von „La Voiture Noire“ stand. Mein Pinsel wurde von den etwa 10 beglaubigten Fotos geführt, die wir von der echten Fahrgestellnummer 57453 finden konnten. Diese Fotos sind schwarz-weiß und über 80 Jahre alt, was gewiss eine ziemliche Herausforderung darstellte.

Dennoch ist es uns anhand der Fotos gelungen, den Großteil der Komponenten von Fahrgestellnummer 57453 zu identifizieren. Der Vergleich mit Bildern der Fahrgestelle seiner drei Geschwister verschaffte uns ausgezeichnete Hinweise auf die Teile, die in allen vier Atlantics verbaut wurden, weshalb wir schließlich in der Lage waren, diese bis ins kleinste Detail nachzubilden.

Infolge dieser harten Arbeit haben die Spieler von The Crew 2 nun exklusiv die Möglichkeit, eines der legendärsten und prestigeträchtigsten Teile der internationalen Automobilgeschichte zu entdecken. Sie können diese Hommage an „La Voiture Noire“ bis ins kleinste Detail untersuchen, können sich hinter das majestätische, rechts angebrachte und aus Holz geschnitzte Lenkrad setzen; das fantastische, an ein Flugzeug-Cockpit erinnernde Armaturenbrett bewundern und den Blick über die lange, elegante Motorhaube bis zum auf Hochglanz polierten Kühlergrill schweifen lassen.

TC2 ATLANTIC DASH

Mit Adleraugen ausgestattete Spieler werden die Unterschiede zwischen den Felgen auf der linken und rechten Seite auffallen. Für jede Seite des Fahrzeugs gibt es eigene mittige Spannmuttern, die in französischer Sprache, „Gauche” und „Droite” (links und rechts), beschriftet sind.

TC2 ATLANTIC RIM

Ebenfalls einzigartig bei Fahrgestellnummer 57453 sind die das Fenster umschließenden Türen mit Belüftungsöffnung und die ebenso einfach wie elegant gestalteten Griffe. Die oberen Belüftungsschlitze und der Wasserablauf wurden sonst nur bei Fahrgestellnummer 57374 verwendet.

Bei jeder Anzeige und jedem Zähler auf dem Armaturenbrett wurde größter Wert aufs Detail gelegt, damit die Spieler sich über eine originalgetreue und exakte Nachbildung freuen können.

Besondere Sorgfalt wurde auf die Komponenten und die Animation von Fahrgestell, Federung, Bremstrommeln und Lenkung gelegt. Man muss wissen, dass die Lenkstange des Bugatti Type 57 nur das rechte Rad bewegt, das über eine Art Lenksynchronisationsstange das linke Rad mitdreht. Außerdem ist die Frontachse steif und an zwei Blattfedern aufgehängt.

TC2 ATLANTIC FRONT

Die glücklichen Besitzer der Spielversion des Bugatti Type 57 Atlantic können den Wagen mit zwei anderen Felgensätzen ausstatten, wobei es sich bei beiden um Variationen der hinter den Radkappen versteckten Speichenfelgen handelt. Wie die Originalspeichenfelgen können sie schwarz angemalt werden oder eine metallische Farbgebung erhalten, wie man sie bei Fahrgestellnummer 57473 sieht.

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Die Nachbildung verfügt außerdem über das Originalnummernschild von Jean Bugattis eigenem Atlantic.

Videospiele können vor unseren Augen Objekte oder Szenen heraufbeschwören, die für immer verloren sind oder für verloren gehalten werden. Dadurch ermöglichen sie es uns, Träume auszuleben, die ansonsten unerreichbar wären. Ich glaube fest daran, dass das Potenzial von Videospielen, Dinge zu bewahren, so weit es geht genutzt werden sollte, denn für den Spieler bieten sie ein Erlebnis, halb „Museum“, halb Unterhaltung, und stellen zugleich sicher, dass die Erinnerung an verlorene Meisterwerke niemals verblasst.

In diesem Sinne muss ich jetzt weiter an den Fahrzeugen arbeiten, die später im Spiel entdeckt werden können. Wir alle hier bei Ivory Tower sind fest entschlossen, es unseren Spielern zu ermöglichen, in The Crew 2 so viele Automobilträume wie möglich auszuleben!

Gute Fahrt, wir treffen uns dann auf der Straße.


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