George Duke hatte einen Lauf, als er 1983 Guardian of the Light herausbrachte. Er spielte bereits in den 70ern mit The Mothers of Invention und produzierte in den 80ern Alben für Künstler wie Gladys Knight, The Pointer Sisters und Smokey Robinson. Jetzt war er bereit, ein ambitioniertes Soloprojekt anzugehen: einen Soundtrack zu einem imaginären afrofuturistischen Actionfilm, der Star Wars ähnelte. Inspiriert von den treibenden Basslinien des Thriller -Bassisten Louis Johnson sprüht „Reach Out“ nur so vor mitreißender Energie. George machte sich verschiedene Techniken zunutze, um die Dynamik des Songs beizubehalten ... und etwas Verwirrung zu stiften.
Der Dm-Groove am Anfang von „Reach Out“ legt die Tonart fest, nachdem sich das Intro schrittweise von Dm (i) runter zu C (VII) und B (VI) bewegt, bevor die Phrase schließlich wieder auf C (VII) endet. Was die Funktionstheorie angeht, ist VII eine ungewöhnliche Wahl für ein Ende. Es gibt keinen Leitton und es ist nicht leicht, zurück zu Dm zu kommen.
B, C, und Dm könnten problemlos die Akkorde IV, V und vi von F-Dur sein, wie oben abgebildet. Gleichzeitig können sie als Akkorde VI, VII und i von einem natürliche D-Moll fungieren, wie unten abgebildet.
Die Strophenprogression bewegt sich wieder nach unten zu einem B, aber Louis spielt weiter ein C darunter, auch * Orgelpunkt* genannt. Ein Orgelpunkt ist wie ein Dröhnen – ein Bass, der dieselbe Note unter verschiedenen aufeinanderfolgenden Akkorden hält. Die Progression pendelt um Louis‘ Orgelpunkt vor und zurück und klingt immer mehr wie ein V-Akkord in F-Dur. Die Melodie sitzt außerdem auf den Tonstufen 1, 2 und 3 von F-Dur (buchstäblich do-re-mi, um es in den berühmten Kontext von * The Sound of Music* zu setzen), was den Klang einer Dur-Tonart rüberbringt und uns eine V-I-Kadenz in F-Dur erwarten lässt ... die nie kommt. Stattdessen kehrt der Refrain ohne einen klaren Moment der Pause (oder tonalen Auflösung) zu einer D-Moll-Akkordfolge zurück.
Was du im Grundkurs Musiktheorie über Harmonie gelernt, kann sicher nicht sehr gut erklären, was hier passiert. Die Harmonie hier ist eher etwas, was der Musikethnologe Peter Manuel dualen Tonus nennt. Dualer Tonus erlaubt es mehr als einem Akkord, wie eine Tonika zu klingen. Die Funktionstheorie erlaubt nur einen. Es wird zwischen ihnen gewechselt, anstatt auf ein einziges harmonisches „Ziel“ hinzuarbeiten. Diese Theorie ist eine zufriedenstellendere Erklärung für repetitive Akkordfolgen in Unterhaltungsmusik – wenn die Regeln der Funktionstheorie „gebrochen“ werden, ist das eher ein Feature als ein Bug.
Ist „Reach Out“ also in D-Moll oder in F-Dur? Nun, beides und gleichzeitig weder noch. Es wäre verlockend, zu sagen, dass das ganze Lied in F-Dur ist, da alle Akkorde zu dieser Tonart gehören, aber es gibt keine Tonika und die Melodie deutet sowohl auf F-Dur als auch auf D-Moll hin. Indem George sich zwischen den beiden sich überlagernden Tonartbereichen bewegt, kann er den emotionalen Inhalt des Lieds variieren, ohne gleichzeitig die Akkordfolge groß ändern zu müssen. Wenn du Probleme hast, zu erkennen, welche Tonart ein Song hat, denk daran, dass es mehr als eine sein könnte, vielleicht sogar mehrere Tonarten gleichzeitig.
Margaret Jones ist Multiinstrumentalistin, Songwriterin und Musiklehrerin aus Oakland, Kalifornien. Sie spielt Gitarre in mehreren Bands in ihrer Heimat, unter anderem in ihrem eigenen Songwriter-Projekt M Jones and the Melee. Sie hat an der UC Berkeley in Musikgeschichte promoviert und am San Francisco Conservatory of Music unterrichtet.
Stanley Clarke & George Duke von Leahtwosaints ist lizenziert unter CC BY-SA 2.0.
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